(Eine Textauswahl aus dem Buch von Mirko Fryba:
Anleitung zum Glücklichsein – Die Psychologie des
Abhidhamma, Freiburg 1987, Seite 183)
Mit
Wissensklarheit entworfene Rituale gewähren Schutz für den ungestörten Ablauf
von lebenswichtigen Funktionen, die nicht aktiv „gemacht“ werden können. In
diesem Sinne können wir Rituale als Strategien des Zulassens sehen; sie
schenken uns Zeit, die wir sonst für das Erledigen von Pflichten aufwenden
würden. …
In unserer
Zivilisation sind praktisch alle alltäglichen Aktivitäten und fast alles
bewusste Leben auf das Erfüllen äußerer Aufgaben und Pflichten gerichtet. Der
passiven Erholung, der integrativen Harmonisierung und der intimen
Wirklichkeitsverankerung wird wenig Wert zugesprochen, weil sie nicht
kurzfristig den äußeren Aufgaben dienen. Wenn etwas wenig Wert hat, dann räumt
man dafür auch wenig Zeit ein. …
Für ein Ritual
braucht man nämlich Zeit. Die Zeit ist in jeder Wirklichkeit eine andere. Die
Zeit der Maschine (auch die Uhr ist eine Maschine) ist bestimmt vom lebenslosen
Funktionieren ihrer Mechanismen. Die Zeit der gleichbleibenden Begriffe einer
rein formalen Logik steht todstill, sie ist die Un-wirk-lichkeit. Hingegen wird die innerlich erlebte Zeit der
körperlichen Wirk-lichkeit, der Gefühle und der
achtsamen Handlungen durch die Rhythmen des Lebens getragen. In diesem Sinne
kann auch eine Meditationssitzung als ein Ritual, als eine Strategie gesehen
werden, welche die Wirklichkeitsverankerung in den Prozessen des Lebens
zulässt.